4 Mythen über Burn-out

Während es noch bis vor einigen Jahren schick war, über die Nachbarn zu klagen, über sein Gewicht oder über die Politik, gilt es mittlerweile als guter Ton, sich über die eigene Psyche und die aller Bekannten und Verwanden auszulassen. Besonders Burn-out ist mittlerweile ein gängiges Stammtisch-Thema. Und zu einem guten Stammtisch-Gespräch gehören jede Menge Halbwahrheiten oder schlicht Falsches, das sich dann gemeinsam mit dem Wissen aus Frauenmagazinen zu allgemein akzeptierten Mythen vermischt. Hier folgen vier besonders hartnäckige und ein Versuch der Richtigstellung:

1. Wer viel arbeitet bekommt ein Burn-out

„Stefan wird schon noch sehen, was er von den vielen Überstunden hat – der bricht doch früher oder später zusammen!“

  

 „Ich weiß nicht, ob Lisa wirklich so einen Burn-out hat, sie arbeitet doch nur zwei Stunden täglich im Callcenter!“

 

Entgegen der landläufigen Meinung hängt Burn-out nicht von der geleisteten Arbeitszeit ab. Ein Mensch kann mit einem Teilzeitjob in ein Burn-out geraten, auch bei nur einer Stunde in der Woche kann es passieren. Sogar Arbeitslose brennen aus. Gerade Arbeitslose. Nicht zu viel Arbeit verursacht den Burn-out, sondern das Auseinanderklaffen von Anforderung und persönlicher Bewältigungskompetenz. Wie hoch unsere Kompetenz in der Bewältigung von Herausforderungen, Stress und Druck ist, wird u.a. von der persönlichen Lebensgeschichte und den Rahmenbedingungen unseres Alltags bestimmt.

 

Es könnte sein, das Stefan jeden Morgen 20 Minuten meditiert und gut schläft. Er verfolgt eine neue Geschäftsidee und findet in seiner Arbeit Sinn und Erfüllung. Vielleicht unterstützt ihn seine Familie beim Aufbau seines Geschäfts und wenn er abends seine schlafenden Kinder sieht, dann ist er von tiefem Frieden erfüllt. Er entfaltet aus seiner Mitte heraus sein volles Potential. Stefan ist damit nicht akut burn-out-gefährdet.

 

Lisa hingegen ist vielleicht eher introvertiert und findet keinen Sinn darin, Leuten am Telefon etwas zu verkaufen. Womöglich sieht sie keine Alternative zu diesem Job. Sie schläft schlecht und jeden Morgen graut es ihr vor der Arbeit. Nach den zwei Stunden am Telefon ist sie so erschöpft, dass sie sich nicht mehr aufraffen kann, ihre Freunde zu sehen. Lisa ist akut burn-out-gefährdet.

 

2. Ein Burn-out kommt über Nacht

Viele Leute denken, dass ein Burn-out ein plötzliches Event ist, ähnlich einem Blitzschlag. Am Abend ging er gesund ins Bett und am nächsten Morgen konnte er nicht mehr aufstehen. Diagnose: Burn-out! Die Annahme ist verständlich, denn genau so sieht es für Außenstehende aus. Dennoch waren schon lange vor dem Blitzschlag dunkle Wolken am Himmel zu sehen. Gerade das Aufrechterhalten der Fassade und das Leugnen der Warnsignale sind Symptome des Burn-out-Prozesses.

 

Das langsame Voranschreiten der Krankheit wird von den Betroffenen selbst meist nicht wahrgenommen. Erst im Rückblick kann man das sich aufschaukelnde Stresssystem und die einzelnen Etappen in der sogenannten Burn-down-Spirale erkennen. Bis das System die Notbremse zieht und man morgens wirklich nicht mehr aufstehen kann, hat der Betroffene immer wieder die Möglichkeit aus dem Prozess auszusteigen. Burnout-Prophylaxe ist deshalb von großer Wichtigkeit!

3. Ein Burn-out kann durch einen Urlaub geheilt werden

Der gutgemeinte Ratschlag, doch mal wieder richtig Urlaub zu machen, verfehlt meistens sein Ziel. Für die meisten Menschen auf dem Weg zum Burn-out ist dies keine Option. Der innere Antreiber schwingt seine Peitsche und es muss um jeden Preis weitergehen. Jedes Nachlassen wird als lebensbedrohlich erlebt. Fahren Betroffene dann doch mit der Familie nach Thailand, schalten sie auch dort nicht ab. Sie hetzen von Tempel zu Tempel und sitzen mit dem Laptop und zitternden Händen am Strand. Lässt sich die Müdigkeit und Erschöpfung mit einem Urlaub kurieren, spricht man NICHT von einem Burn-out. Als Burn-out-Prävention jedoch ist ein Urlaub, der seinen Namen verdient, hervorragend geeignet. 

4. Ein Burn-out ist eine Modeerkrankung und nicht ernst zu nehmen

Burn-out erfährt in den Medien eine große Aufmerksamkeit. Dies ist aber nicht auf eine künstlich gepushte Modeerscheinung zurückzuführen, sondern auf die tatsächliche Brisanz für unsere Gesellschaft. Burn-out ist ein Symptom unserer Zeit. Etwa jeder Neunte der 18 bis 70-jährigen befindet sich laut der Schätzung von Experten in der Burn-down-Spirale.

 

Da wir heutzutage gerne damit kokettieren, wie viel wir arbeiten müssen und wie erledigt wir von unseren vielen Aufgaben sind, lässt ein solches Jammern niemanden mehr aufhorchen. Es scheint fast so, als wäre ein Mensch, der glücklich und zufrieden mit seinem Tagespensum ist, nicht ganz normal. Doch jenseits des sozialverträglichen Klagens über Stress steht die Krankheit Burn-out. Letztere kann im fortgeschrittenen Stadium in äußerst ernst zu nehmenden Symptomen wie Herzinfarkt und Suizid äußern.

 

Leider führt die Fehleinschätzung bezüglich des eigenen Zustandes dazu, dass die Krankheit häufig zu spät diagnostiziert und behandelt wird. Es gehört zu den Kennzeichen eines Burn-outs, dass Betroffene ihren Zustand zu lange nicht ernst nehmen. Ein Mensch im Burn-out wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr ohne Hilfe aus der Abwärtsspirale herausfinden. Ein Bagatellisieren seines Zustandes ist daher nicht förderlich.

Was du tun kannst

Was kann man also tun, um gar nicht erst in die Abwärtsspirale zu geraten? Wenn Du Dir Gedanken darüber machst, ob bei Dir eventuell etwas falsch läufst, ist das ein gutes Zeichen! Dann bist Du nämlich noch nicht an dem Punkt, wo Du diesem Teil von Dir nicht mehr zuhören möchtest. Gibt der Stimme Raum. Ein Gespräch mit einem Freund oder Coach hilft Dir, Deine Wahrnehmung zu überprüfen und gegebenenfalls einen neuen Kurs einzuschlagen.